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Solingen, April 2024 – Ab dem 1. Mai gibt es Verstärkung für die CBS-Fakultät. Und das nicht in Form einer herkömmlichen Professur, sondern als „Stiftungsprofessur“. In diesem Modell finanzieren fünf Unternehmenspartner die Forschung sowie Ausbildung von Nachwuchsführungskräften an einer Hochschule durch eine:n Professor:in. Der CBS-Campus Solingen zeigt mit der neuen Stiftungsprofessur für „Technisches Nachhaltigkeitsmanagement“ ganz praktisch, wie die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft im gemeinsamen Kampf gegen den Fachkräftemangel und den Klimawandel gelingt.
Dr. Wulf-Peter Schmidt wechselt nach über 26 Jahren als Nachhaltigkeitsexperte und Ingenieur bei Ford zu Anfang Mai an die CBS International Business School. Neben der Lehre wird er im Bereich des technisches Nachhaltigkeitsmanagements forschen und den gleichnamigen Masterstudiengang für die Einführung im Jahr 2025 konzipieren. Im Interview stellt Dr. Schmidt seinen neuen Arbeitsbereich vor und erklärt, warum und wie Nachhaltigkeit in alle Bereiche eines Unternehmens und damit auch in alle Bereiche des Studiums integriert werden sollte.
Dr. Wulf-Peter Schmidt, Stiftungsprofessor für „Technisches Nachhaltigkeitsmanagement“ an der CBS
1. Wulf-Peter, Du beginnst ab Mai an der CBS International Business School. Worauf freust Du Dich am Meisten?
Ich freue mich auf alles Neue! Ich freue mich besonders darauf, die Studierenden kennenzulernen und mein neues Team aus Kolleginnen und Kollegen.
2. Die Professur im „Technischen Nachhaltigkeitsmanagement“, die Du beginnst, ist neu an der CBS. Wie würdest Du die Inhalte und Dein zukünftiges Forschungsfeld zusammenfassen?
Der Name klingt kompliziert, aber die Idee dahinter ist einfach: Der Studiengang soll Studierende darin ausbilden, Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit zu meistern. Was bedeutet Nachhaltigkeit? Unsere Definition von Nachhaltigkeit umfasst die drei Aspekte sozial, ökonomisch und ökologisch, hat aber auch Governance Aspekte. Dahinter steht der Gedanke, Prozesse so zu gestalten, dass wir sowohl den Bedürfnissen der aktuellen Generation als auch denen der nachfolgenden Generationen gerecht werden. Die Definition der UN Brundtlandkommission fasst es so zusammen: “Meeting the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.”
Es gibt 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, die in den kommenden Jahren erreicht werden sollen. Der Forschungsbereich „Technisches Nachhaltigkeitsmanagement“ umfasst dabei einerseits Inhalte technischer Prozesse wie der Kreislaufwirtschaft oder der Energiegewinnung, andererseits aber auch Management-Inhalte wie z.B. die nachhaltige Strategieentwicklung und -implementierung. All diese Prozesse werden ganzheitlich mit Fokus auf den Produktlebenszyklus betrachtet. Der neue Studiengang soll den Studierenden einen umfassenden Blick auf diese verschiedenen Aspekte ermöglichen und ihnen helfen, neue Ansätze zu finden, indem sie bisherige Strukturen und Denkmuster hinterfragen.
3. Diese neue Stiftungsprofessur wird von mehreren Unternehmen der Region unterstützt. Als Hochschule mit dualem Schwerpunkt arbeitet die CBS am Campus Solingen allgemein eng mit Partnerunternehmen zusammen. Was bedeutet das für Deine Arbeit?
Das sehe ich als echte Chance, da wir Theorie und Praxis von Beginn an verzahnen werden. Die Besonderheit liegt darin, Studierenden verschiedene Unternehmen der Region vorzustellen. Sie sollen nicht nur den eigenen dualen Praxispartner kennenlernen, sondern auch andere Unternehmenspartner der CBS. Im nächsten Schritt werden sie gemeinsam Strukturen in diesen Unternehmen im Sinne des technischen Nachhaltigkeitsmanagements analysieren. So können sie das Gelernte direkt umsetzen, Prozesse beobachten und die Unternehmen der Region im Idealfall beraten bzw. Diskussionen anstoßen. Wichtig ist es, die Nachhaltigkeitsstrategien und -konzepte nicht nur am Reißbrett zu betrachten, sondern die realistische Umsetzung im Unternehmen zu prüfen. Vor allem bei kleineren und mittelständischen Unternehmen, in denen keine komplette Nachhaltigkeitsabteilung vorhanden ist, muss die Umsetzbarkeit der Konzepte getestet werden.
Foto: Michael Strahlen
v.l.n.r.: Jörg Püttbach (Geschäftsführer BIA); Prof. Dr. Willers (Geschäftsführer CBS); Prof. Dr. Steffen Stock (CBS); Stefan Grunewald (Vorstandvorsitzender Stadt-Sparkasse); Dr. Wulf-Peter Schmidt (Stiftungsprofessor CBS); Prof. Dr. Aygün (CBS-Standortleiter Solingen); Alina Sommer (Personalbereich Fourtexx); Dr. Heiner Giese (Geschäftsführer item) und Prof. Dr. Anja Karlshaus (Präsidentin der CBS).
4. Du wirst einen neuen dualen Masterstudiengang konzipieren, der 2025 starten soll. Für welche Zielgruppe wird dieses Programm erstellt?
Der neue Studiengang wird für Bachelorabsolvierende aus unterschiedlichen Bereichen offen sein. Dadurch, dass Nachhaltigkeit nicht nur im technischen, sondern in allen Management-Bereichen benötigt wird, können sich z.B. auch Interessierte mit einem HR- oder Strategie-Hintergrund bewerben. Der duale Master wird in Zusammenarbeit mit vielfältigen dualen Partnern der CBS angeboten, da auch hier viele Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen Bedarf an Fachkräften haben. Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe für alle. Für diesen Studiengang ist es vor allem wichtig, ein großes Interesse und eine Offenheit für unterschiedliche Themen mitzubringen.
5. Du hast selbst lange in der Privatwirtschaft gearbeitet. Wie werden die CBS-Studierenden von Deinen Erfahrungen in der Arbeitswelt profitieren?
Ich habe über 26 Jahre bei Ford an Nachhaltigkeitsthemen gearbeitet und werde versuchen, den Studierenden weiterzugeben, was funktioniert und was nicht funktioniert. Ich hoffe, dass ich das, was in den theoretischen Lehrbüchern steht, für die Studierenden einordnen kann. Sie müssen lernen, was in der Realität funktioniert und was sich im Unternehmen tatsächlich umsetzen lässt.
6. Du beschäftigst Dich beruflich mit strategischen Nachhaltigkeits-Zielen. Welche nachhaltigen Alternativen versuchst Du selbst in Deinen Alltag zu integrieren?
Als persönliches Ziel habe ich mir vorgenommen, die CO2-Neutralität zu erreichen. Dafür nutze ich klimaschonende Verkehrsmittel, verzichte auf Flugreisen und verbringe meinen Urlaub beispielsweise mit dem Fahrrad. Gerade bin ich zum Beispiel mit dem Zug nach Cádiz gefahren und habe den Rückweg mit dem Fahrrad zurückgelegt. Zudem ernähre ich mich vegetarisch und habe ein kleines Waldgebiet gekauft, das ich selbstständig aufforste. Besonders wichtig ist mir außerdem, dass ich zu 100 Prozent erneuerbare Energien nutze.
7. Wenn Du (unabhängig von Kosten/ Aufwand etc.) frei bestimmen dürftest, welche nachhaltigere Alternative ab morgen alle Bewohner:innen in Deutschland umsetzen müssen – was wäre es?
Wenn es nach mir gehen würde, würden wir sofort auf 100 Prozent erneuerbare Energien umsteigen. Das ist auch tatsächlich keine Kostenfrage und alle technologischen Voraussetzungen für diesen Switch sind gegeben. Windkraftanalagen sind die günstigste Alternative zur Energiegewinnung, aber veraltete Strukturen halten Deutschland aktuell bei diesem Veränderungsprozess auf. Wir müssen die erneuerbare Energieversorgung dezentral organisieren und europaweit miteinander verknüpfen. Auch Speichermöglichkeiten für Momente der Überproduktion und die Überbrückung von „Dunkelflauten“ sind längst entwickelt, doch die Technologien werden nicht konsequent verbaut und genutzt. Die Industrie könnte heute schon die Energiespitzen entsprechend der neuen Energieversorgung anpassen.
Zug & Fahrrad statt Flug - Dr. Schmidt verbringt den Urlaub beim Fahrradfahren in Spanien
8. Die Auswirkungen des Klimawandels machen vielen Menschen Angst. Die Hoffnung liegt auf technischen Innovationen, die uns helfen sollen, die Auswirkungen einzudämmen. Sind neue Technologien unsere beste Option den Klimaschutz voranzutreiben?
Technische Innovationen zur Eindämmung der Auswirkungen des Klimawandels hätten vor fünfzig Jahren vielleicht ausgereicht. Inzwischen läuft uns die Zeit davon. Die neuen Technologien müssen schnell und konsequent gegen die Klimaerwärmung eingesetzt werden. Parallel muss es aber auch ein Umdenken unserer Konsumgesellschaft geben. Was schnell umsetzbar ist – wie erneuerbare Energienutzung dezentral zu steuern und den eigenen Verbrauch hinterfragen – sollte direkt umgesetzt werden. Aber es gibt eben auch Industriezweige wie z.B. die Zementherstellung, in der wir aktuell noch kein ausreichendes Äquivalent haben, welches mit weniger CO2-Ausstoß den gleichen Nutzen hätte und ausreichend zur Verfügung stünde. Da muss langfristig nach Substituten gesucht werden. Auch unsere Art des Wirtschaftens muss sich langfristig ändern. Die Bekämpfung von Zwangsarbeit und Kinderarbeit sind ebenfalls wichtige Nachhaltigkeitsziele, auf die wir hinarbeiten müssen. Es geht eben nicht nur um Technologie, sondern auch um Management. Deshalb werden wir in unserem neuen Studiengang beides miteinander verbinden.
Vielen Dank für das Gespräch, Wulf-Peter! Wir freuen uns, Dich als Teil der CBS-Familie begrüßen zu dürfen und sind gespannt auf Deine Studien- und Forschungsprojekte.
Wir danken den Partnern BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG; Stadt-Sparkasse Solingen; fourtexx GmbH; item Industrietechnik GmbH sowie der Thomas und Gabriele Meyer-Stiftung für ihre Unterstützung der Professur!
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